WARUM WASSER MEHR ALS EIN BETRIEBSMITTEL IST
Österreich ist ein wasserreiches Land. Aber wird Wasser auch sinnvoll genutzt, welche Bedeutung hat es für die Landwirtschaft und darüber hinaus? Wie steht es um die Verteilung von Wasser und was kann getan werden, um die Vorteile des Wassers besser zu nutzen? Im folgenden Beitrag sollen Perspektiven und Visionen aufgezeigt werden, die auf Erfahrungen auf Gut Hardegg im nördlichen Weinviertel zurückgehen.
Viele Klimazonen auf engstem Raum. Die österreichische Topografie bringt es mit sich, dass wir auf engem Raum viele Klimazonen mit unterschiedlichen Niederschlägen vorfinden.
Für den Nord-Osten Österreichs beispielsweise gilt: je weiter weg von Donau und Voralpen, umso weniger Niederschlag. Der Nordosten Niederösterreichs gehört damit zu den trockensten Gebieten Österreichs mit ca. 400 mm Jahresniederschlag, während es knapp 70 km südlich davon im Tullnerfeld bereits 100-200 mm mehr regnet.
Abb. © Klimastatusbericht Österreich 2019, Klimarückblick Niederösterreich, Hrsg. CCCA 2020
In den letzten Jahren beobachten wir vielfach das Phänomen, dass Wetterlagen, wie ausgeprägte Hochdruckgebiete, die lange anhalten; man könnte meinen, das Wetter sei „stecken geblieben“. Im Ergebnis bringt dieses steckengebliebene Wetter lange Trocken- und Hitzeperioden bzw. milde Winter, gefolgt von punktuellen Tiefdruckgebieten mit sehr ergiebigen Niederschlägen.
Unsere auf Gut Hardegg unter subpannonischem Klimaeinfluß stehenden Produktionsgebiete sind aber allesamt durch ein Niederschlagsdefizit geprägt, mit steigender Ausprägung, und daher in ihrer Ertragskraft limitiert. Niederschlag und Wasserversorgung sind damit die ertragslimitierenden Komponenten. Was für die subpannonischen Trockengebiete seit Jahrzehnten eine gewohnte Herausforderung darstellt, ist neuerdings für große Teile Mitteleuropas ein echtes Problem. Ausgeprägte Hitze- und Trockenperioden in Mitteleuropa führten auch dort zu sehr schwachen Ernten, was wiederum die ertragsverwöhnten Betriebe in teils beträchtliche wirtschaftliche Schieflage brachte. Auch hier kann man beobachten, dass sich offenbar in den bekannten Trockengebieten eine gewisse Resilienz und Anpassung gegenüber Hitze und Trockenheit gebildet hat. Umgekehrt führt das Ausbleiben derselben dort, wo bisher von gemäßigten Temperaturen und regelmäßigem Niederschlag ausgegangen werden konnte, zu beträchtlichen Schäden.
Anpassungsstrategien. Gut Hardegg liegt im nördlichen Weinviertel, an der Grenze zum fruchtbaren Südmähren). Die Flächen des Betriebes umfassen knapp 2.000 ha LN und liegen großteils entlang der Pulkau rund um die Ortschaft Seefeld.
Der Name Seefeld läßt eigentlich auf Wasser schließen und tatsächlich war die Region des Pulkautales noch vor 100 Jahren durch Teichlandschaften und Überschwemmungen geprägt. Erst die Regulierung der Pulkau ab den 1930er Jahren und die Drainagierung der Flächen machte das Land urbar und wir konnten Wiesen und Himmelteiche in fruchtbares Ackerland verwandeln.
Dies war auch bitter nötig, denn Österreich mußte sich nach 1918 selbst versorgen, war von den Kornkammern Ungarns und Mährens abgeschnitten und auf die Produktivität eigener Flächen angewiesen.
In den späten 1970er Jahren zeigte der Standort seine trockene Seite. Ich erinnere mich als Jugendlicher noch sehr gut daran, als einmal im August Bäume und Büsche das Laub verloren. Mein Vater, Dr. Alceo Bulgarini d`Elci, begann dann frühzeitig und konsequent Wasserspeicher anzulegen und Beregnungssysteme auszubauen. Damals wie heute wurde dabei auf Belange der Natur, vor allem auch mit jagdlichem Sach- und Naturverstand, Rücksicht genommen. Heute, nach knapp 50 Jahren, können wir mit den klimatischen Gegebenheiten ganz gut klarkommen: Eine hochwertige Fruchtfolge mit Leguminosen (Körnererbse, Soja, Ackerbohne) und Kreuzblütlern (Winterraps) sowie Kartoffeln sichert eine gute Vorfruchtwirkung für Weizen und Gerste, der gezielte Einsatz von organischem Wirtschaftsdünger fördert die Bioturbation, die Bodenfruchtbarkeit und Grundnährstoffversorgung. Eine das Bodengefüge stabilisierende und auf Bewahrung der Bodenfeuchte ausgerichtete Bodenbearbeitung läßt uns einerseits Niederschläge aufnehmen und andererseits konservieren; es geht um die Wasserspeicherfähigkeit der Böden.
Schließlich noch die Bewässerung. Durch moderne Kreisregner können wir mit niedrigem Wasserdruck in Bodennähe gezielt feine Niederschläge simulieren und so große Trockenperioden überbrücken. Unser Ziel ist es, mit möglichst wenig Wasser die maximale Wirkung zu erzielen. Während in ähnlich ariden Gebieten wie etwa Spanien mit 400mm Beregnung Weizen und mit 800mm Beregnung Körnermais erzeugt wird, kommen wir mit weniger als einem Zehntel davon aus. Über Messung der Bodenfeuchte, Luftbilder, Bestandsbeobachtung und Erfahrung versuchen wir den optimalen Zeitpunkt für die Beregnungsgaben zu finden – oftmals mit erstaunlichen Erfolgen!
Unsere Getreide-, Raps- und Maissorten sind offenbar in der Lage, auch mit wenig Wasser guten Ertrag zu erreichen. Im Weinbau können wir über einen Speicherteich und Tröpfchenbewässerung sicherstellen, dass wir zum Ende der Vegetation die Holzreife und Frosthärte fördern und im Frühjahr über den Bodenspeicher ausreichend Wasser für einen zügigen und raschen Austrieb vorhanden ist.
Schlussfolgerungen. Wasser ist viel mehr als nur ein Betriebsmittel. Über eine gute Wasserverteilung ließen sich in der Kulturlandschaft, aber auch im Wald, Wasserspeicher erschaffen, welche das Kleinklima fördern, es ließen sich hochwertige Ökosysteme schaffen, welche die Biodiversität fördern, es ließe sich mit Hilfe von Wasser die Kulturlandschaft wieder renaturieren. Gut Hardegg hat hierbei eine Vielzahl von Maßnahmen gesetzt und große Erfolge punkto Artenvielfalt erringen können. Eine gezielte Feldberegnung, gepaart mit einem auf die klimatischen Gegebenheiten angepassten Pflanzenbau, führt zu einer deutlichen Erhöhung der Ertragssicherheit, quasi als betriebliche Vorsorge.
Jetzt liegt es an der Politik in Bund und Land, vor allem aber an der Agrarpolitik, dies zu erkennen und den Landwirt*innen Wasser zugänglich zu machen und die Renaturierung der Kulturlandschaft voranzutreiben. Dazu braucht es einerseits visionäre Projekte wie die Umleitung von Donauwasser in die Trockengebiete des Weinviertels, es braucht die Förderung einer hochwertigen Fruchtfolge und die Eindämmung der einseitigen Förderung wasserraubender Begrünungsmaßnahmen. Und es braucht die Bewusstseinsbildung innerhalb der Landbewirtschafter*innen für Artenvielfalt und Biodiversität, wir brauchen wieder mehr Rücksichtnahme auf die Natur. Das wertvolle Gut Wasser ist ein wunderbares Zeichen für ein Wirtschaften mit der Natur. Gerade in Österreich sollten wir aus unserer Ressource Wasser das Beste machen können.
Ihr Maximilian Hardegg
Dipl.-Ing. Maximilian Hardegg (*1966) studierte Agrarwissenschaften an der TU München-Weihenstephan und leitet den Familienbetrieb seit über 20 Jahren. Hardegg ist in vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten rund um die Landwirtschaft tätig gewesen. Gut Hardegg gehört zu den innovativsten Betrieben Österreichs und ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt, vor allem für seine Arbeit rund um Nachhaltigkeit und Biodiversität.
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Weiterführende Literatur / © bei den jeweiligen Urhebern:
> Klimarückblick NÖ 2019
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